Buch


Michael Schmidt-Salomon
Hoffnung Mensch - Eine bessere Welt ist möglich
Piper Verlag, 368 Seiten
Hardcover-Ausgabe (2014):€ 19,99 Taschenbuch-Ausgabe (2015):
10,99 
E-Book: € 8,99

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Wir sind besser als wir glauben


Ist der Mensch tatsächlich nur ein »fataler Irrläufer der Natur«, um den es nicht schade wäre, würde er von der Erde verschwinden? Nein, sagt Philosoph und Bestsellerautor Michael Schmidt-Salomon: Denn die biologische und kulturelle Entwicklung unserer Spezies zeigt, dass wir das Potenzial haben, immer besser, immer »humaner« zu werden. Ein beeindruckendes, augenöffnendes Plädoyer für den Glauben an die Menschheit. (Klappentext des Piper-Verlags) 

Buchcover (mit Klappentexten, pdf)
Buchcover (nur Vorderseite, jpg)
Vorschau des Verlags

Der Mensch ist das mitfühlendste, klügste, phantasiebegabteste, humorvollste Tier auf diesem Planeten. Er hat Kunstwerke von atemberaubender Schönheit hervorgebracht und raffinierteste Methoden entwickelt, um die Geheimnisse des Universums zu lüften. Nie zuvor gab es ein Lebewesen, das sich so aufopferungsvoll um Kranke und Schwache kümmerte, das so unermüdlich für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfte – trotz aller Niederlagen. Über die dunkle Seite der Menschheit ist viel geschrieben worden, ihre Sonnenseite fiel meist unter den Tisch. Dieses Buch zeigt sie auf. Eine Liebeserklärung an unsere oft verkannte Spezies, die es wert ist, dass wir uns für sie engagieren, statt vorauseilend vor der Irrationalität der Welt zu kapitulieren.

  Inhaltsverzeichnis



Vorwort: Abschied vom Zynismus

Teil 1: Die bedrängte Spezies

Kapitel 1
Das tragische Tier: Von den Nöten des Menschseins
Die Erfahrung des Absurden * Die Widrigkeiten des Lebens * Die Ungerechtigkeit der Welt * Der Seufzer der bedrängten Kreatur

Kapitel 2
Humanismus reloaded: Das neue Bild des Menschen
Der nackte Affe * Die Wurzeln der menschlichen Kultur * Aufstieg und Fall des Humanismus * Huxleys Alternative * Hoffnung jenseits der Illusionen

Teil 2: Die unterschätzte Spezies

Kapitel 3
Das kluge Tier: Den Geheimnissen des Universums auf der Spur
Was die Welt im Innersten zusammenhält * Das Rätsel des Lebens * Die Evolution von Sein und Bewusst-Sein

Kapitel 4
Das erfinderische Tier: Die Technologie des guten Lebens
Vom Faustkeil zum Smartphone * Eine kurze Geschichte der Medizin

Kapitel 5
Das sinnliche Tier: Die Wunderwelt der Kunst
Der Sinn des Schönen * Der Klang des Lebens

Kapitel 6
Das ethische Tier: Der Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit
Das Wunder der Empathie * Emanzipation und Fortschritt

Teil 3: Hoffnung Mensch

Kapitel 7
Quo vadis, Menschheit? Eine Welt im Umbruch
Logik der Zerstörung * Wege aus der Krise

Kapitel 8
Der Glaube an den Menschen: Ein humanistisches Credo
Hoffnung Mensch * Die große Konversion

Dank
Anmerkungen
Personenregister

  

 

Vorwort: Abschied vom Zynismus 


Es ist so leicht, Zyniker zu sein. Unendlich viele Gründe sprechen dafür, die Menschheit zu verachten. Man werfe nur einen Blick in die Geschichte. Oder in die Reality-Soaps, die Tag für Tag über unsere Bildschirme flimmern. Haben diejenigen nicht furchtbar Recht, die den Menschen als „fatalen Irrläufer der Evolution“ beschreiben? Wäre es nicht ein Segen für die Erde, wenn sie sich endlich von dem „Krebsgeschwür Menschheit“ befreien könnte? Sollten wir dem „Untier Mensch“ auch nur eine müde Träne nachweinen? 

Sätze wie diese gehen uns leicht von der Hand. Wie auch könnten wir angesichts der unzähligen Belege, die unsere Unzulänglichkeit, unsere Wahnanfälligkeit, unsere Grausamkeit dokumentieren, den Glauben an die Menschheit aufrechterhalten? Nicht ohne Grund ist der Zynismus die große intellektuelle Verführung für jeden, der sich ernsthaft mit der Geschichte und Gegenwart unserer unglückseligen Spezies beschäftigt. Denn er verhindert bereits im Ansatz die schmerzliche Diskrepanz zwischen den hochtrabenden Idealen, die wir vertreten, und den bitteren Realitäten, die wir erzeugen, indem er die hehren Ideale von Vornherein als utopisch verwirft. Subjektiv ist das durchaus entlastend: Wer den Glauben an die Menschheit ohnehin verloren hat, kann durch nichts und niemanden mehr enttäuscht werden.

Durch seine Illusionslosigkeit wirkt der Zyniker reif, überlegen, abgeklärt, ja: vernünftig – und doch beruht gerade der Zynismus auf einer totalen Bankrotterklärung der Vernunft, nämlich der Überzeugung, dass vernünftige Argumente nichts, aber auch rein gar nichts, am Lauf der Dinge ändern können. Zyniker zu sein, bedeutet, vorauseilend vor der Irrationalität der Welt zu kapitulieren, um sich den eigentlichen Herausforderungen des Menschseins gar nicht erst stellen zu müssen. Warum auch sollte man sich für „höhere Ziele“ einsetzen, wenn man sowieso davon ausgehen muss, dass sich ein solcher Einsatz niemals lohnt? Das zynische Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen: „Rien ne va plus!“ – „Nichts geht mehr!“, kichern die selbstzufriedenen Bankrotteure der Vernunft – erleichtert, dass ihnen die Bürde, Geschichte humaner zu gestalten, von der schmalen Schulter genommen wurde. 

Zyniker sind auf einem Auge blind, weshalb sie nur die Schattenseite der menschlichen Existenz erkennen können. Tragischerweise wirkt diese Wahrnehmungsverzerrung im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung: Denn wer ohnehin nicht damit rechnet, dass sich die Verhältnisse je zum Besseren hin ändern können, wird auch nichts dafür tun, dass sie sich je zum Besseren hin ändern werden, wodurch die ursprüngliche, zynische Annahme bestätigt wird. Ein Teufelskreis.

Michelangelo hatte Recht: „Die größte Gefahr für die meisten von uns ist nicht, dass wir hohe Ziele anstreben und sie verfehlen, sondern dass wir uns zu niedrige setzen und sie erreichen.“ Dies gilt für uns als Individuen, aber auch für die menschliche Spezies als Ganzes: Wenn wir unsere Potentiale unterschätzen, werden wir sie auch nicht entfalten können und notgedrungen unter unseren Möglichkeiten leben. Daher sollten wir uns davor hüten, uns selbst in zynischer Weise kleinzureden. 

Die beste Medizin gegen die vorauseilende Resignation des Zynismus besteht darin, sich an jenen zu orientieren, die die besten Seiten der Menschheit zum Vorschein gebracht haben – und genau darum wird es im vorliegenden Text gehen: Thematisierte mein letztes Buch Keine Macht den Doofen die unerträgliche Penetranz menschlicher Dummheit in Geschichte und Gegenwart, handelt dieses von der heilenden Wirkung menschlicher Klugheit, von der Güte, dem Einfühlungsvermögen, der Kreativität, durch die sich unsere oft verkannte Spezies eben auch auszeichnet. Denn so seltsam es auch klingen mag: Von seiner Veranlagung her ist der Mensch das mitfühlendste, klügste, fantasiebegabteste, humorvollste Tier auf dem gesamten Planeten. 

Die Natur hat uns ganz besondere Talente in die Wiege gelegt, auch wenn wir es bisher nur selten verstanden haben, diese Talente sinnvoll zu nutzen. Doch wenn dies geschah, kam es zu jenen wunderbaren Momenten, in denen die Natur sich gewissermaßen selbst überschritt. „Mutter Natur“ war dies freilich völlig schnuppe – uns aber sollte es keinesfalls egal sein: Immerhin hat die Evolution Jahrmilliarden gebraucht, um ein Wesen hervorzubringen, das in der Lage ist, den evolutionären Prozess zu durchschauen. Schon allein deshalb wäre es schade um uns, würden wir vorzeitig von der Bühne des Lebens abtreten. 

Wer dies verneint und glaubt, man müsse der Menschheit bei ihrem finalen Abgang keine müde Träne nachweinen, hat, wie ich meine, die großartigen Seiten dieser Spezies nur noch nicht entdeckt. Dem will dieses Buch entgegenwirken. Es zeigt auf, welch fantastische Leistungen der Mensch in Wissenschaft, Philosophie, Kunst und Technik erbracht hat, wie aufopferungsvoll sich viele unserer Artgenossen darum mühten, diese Welt zu einem besseren, gerechteren Ort zu machen, und mit wie viel Anstand, Würde und Tapferkeit die meisten von uns ihr Leben meistern.

Kurzum: Ich werde darlegen, dass es trotz aller Irrungen und Wirrungen der Geschichte unendlich viele Gründe gibt, die Menschheit zu achten. Und vielleicht, ja vielleicht, wird es dem einen oder anderen nach der Lektüre dieses Buchs dann doch ein wenig schwerer fallen, Zyniker zu sein. Die Hoffnung, so heißt es, stirbt stets zuletzt…